Schlafstörungen frühzeitig erkennen und erfolgreich behandeln
Was bedeutet ein gesunder Schlaf?
Ein gesunder schlaf kann nicht nach Quantität, also anhand der Anzahl die Stunden welche geschlafen wird gemessen werden. Vielmehr ist das subjektive Empfinden massgebend und zwar insbesondere kurz nach dem Erwachen. Dass jeder Mensch individuelle Bedürfnisse hat, um in den Tag zu starten ist vollkommen normal. Jedoch ist der sogenannte Morgenmuffel kein Zustand, der einfach als Charaktereigenschaft abgetan werden sollte. Die Energie, welche unser natürlicher Biorhythmus am Morgen im Idealfall entfaltet, ist von durchdringender, aktiver Natur. Selbstvertrauen, Lebensfreude und Unternehmenslust möchten sich im Leben manifestieren.
Einige Menschen verweilen gerne etwas länger in der Übergangsphase von der nächtlichen Ruhe in die Aktivität des Tages. Diese dient dann aber der Integration der unbewussten Prozesse in der Nacht und nicht des mühseligen "in die Gänge kommen" mit Kaffee und Mobiltelefon.
Wie machen sich Schlafstörungen bemerkbar?
Regelmässiges Erwachen mit kürzeren oder längeren Wachphasen, Einschlagschwierigkeiten mit sich «im Kreis drehenden Gedanken», Albträume, Antriebslosigkeit am Morgen, Konzentrations- und Gedächtnisschwäche, Tagesschläfrigkeit, Unruhe und Reizbarkeit sowie Immunschwäche gehören zu den wichtigsten Symptomen von Schlafstörungen. Diese können zu Beginn relativ mild sein und später gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit und das emotionale Wohlbefinden haben. Um erste Anzeichen von Schlafstörungen zu erkennen kannst du dir folgende Fragen stellen:
Habe ich bei meinem Wecker (wiederholt) die Schlummertaste betätigt, bevor ich aufgestanden bin?
Haben mich als Erstes negative Gedanken oder Erinnerungen zum vergangenen Tag eingeholt?
Bin ich am Morgen regelmässig zu erschöpft, um einen klaren Gedanken zu fassen?
Gehe ich direkt nach dem Erwachen zu meinen alltäglichen Verpflichtungen über, ohne dass ich Zeit habe, meine Pläne zu ordnen?
Kannst du eine der Fragen mit «Ja» beantworten, empfiehlt es sich, die "Ratschläge für eine verbesserte Schlafhygiene" durchzulesen.
Woran merke ich, dass ich professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen sollte?
Falls du mit der Umsetzung der Ratschläge gut alleine klar kommst, und sich deine Schlafqualität dadurch verbessert, hat sich die Sache für dich erledigt. Sind deine Symptome bereits fortgeschritten und/oder leidest du seit mehr als 3 Monaten an manifesten Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafstörungen, regelmässige Albträume, Tagesschläfrigkeit) solltest du professionelle Hilfe in Betracht ziehen.
Wo liegen die Ursachen für Schlafstörungen?
Die Ursachen von Schlafstörungen werden heutzutage in spezialisierte Schlaflaboren untersucht. Dabei liegt der Fokus auf der Messung von Hirnströmen, Atemfluss, Herzschlag, Sauerstoffsättigung im Blut sowie Augen- und Muskelbewegungen. Dies entspricht zwar der noch immer gängigen, aber mittlerweile überholten Praxis, eine organische Ursache für Schlafstörungen dingfest zu machen. Demgegenüber setzt sich psychologische geschultes Fachpersonal dafür ein, dass Schlafstörungen vorwiegend psychogener Natur sind und demnach eine Veränderung des Mindset bedürfen.
Zum Glück gibt es immer mehr Fachbereiche, welche die Brücke schlagen zwischen organischen und nicht-organischen gesundheitlichen Beschwerden. Denn es steht ausser Frage, dass Schlafstörungen durch ein Zusammenspiel von körperlichen Schwachstellen (Krankheitsgeschichte, Prädisposition), sowie persönlichen, beruflichen, sozialen und psychischen Lebensumständen entstehen.
Wie werden Schlafstörungen aus Sicht der chinesischen Medizin diagnostiziert?
Schlafstörungen werden in der chinesischen Medizin, analog zu den (n)REM-Phasen in der modernen Schlafmedizin auf vier Ebenen diagnostiziert. Dabei ist es entscheidend, dass in der Chinesischen Medizin jedem Organ eine spezifische Funktion bei der Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus zukommt. Zudem wird jedoch Organ eine Doppelrolle zugesprochen: Psychische Belastung hat immer auch einen Einfluss auf die Körperfunktionen und körperliche Beschwerden beeinträchtigen das emotionale Wohlbefinden.
Die erste Ebene (nREM1) umfasst den Übergang vom Wach- in den Schlafzustand. Bezeichnend für Störungen auf diese Ebene sind Einschlafschwierigkeiten sowie oberflächlicher Schlaf, allenfalls in Kombination mit akuten Symptomen der Verdauungs- und Ausscheidungsorgane (Sodbrennen, Heisshunger, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen). Häufig stehen diese Symptome auch in Verbindung mit einem chronifiziertes Infektgeschehens.
Zu den Organen, welche auf dieser Ebene von einer Disharmonie betroffen sind, gehören Magen, Dickdarm, Dünndarm und Blase.
Die zweite Ebene (nREM2) umfasst Entspannungsphase, welche vor allem durch die Verlangsamung von Atmung und Herzschlag sowie die Entspannung der Muskeln gekennzeichnet ist. Bezeichnend für Störungen auf dieser Ebene sind Erwachen kurz nach dem Einschlafen oder häufiges Erwachen in regelmässigen Abständen (eventuell in Verbindung mit Gedankenkreisen). Diese Störungen treten häufig im Kontext von chronifizierten Atemwegsbeschwerden auf (oberflächliche Atmung, Kurzatmigkeit bis hin zu asthmatischen Beschwerden, chronischer Husten u.a.). Begleiterscheinungen sind Störungen des Dickdarms (träge Ausscheidung, Obstipation, Hämorrhoiden). Auf emotionaler Ebene treten häufig unverarbeitete Verlusterfahrungen zu Tage, wobei auch übermässiger Stress (verspanntes Zwerchfell) ursächlich für sein kann.
Zu den Organen, welche auf dieser Ebene von einer Störung betroffen sind, gehören Lunge, Dickdarm, Herz und Leber.
Die dritte Ebene (nREM3) umfasst die Regenerationsphase, während dessen wichtige Reparatur- und Auf- und Umbauprozess im Körper ablaufen. Einschlafschwierigkeiten mit «sich im Kreis drehenden Gedanken» sind bezeichnend für eine Störung auf dieser Ebene und stehen sehr oft im Zusammenhang mit chronischen Verdauungsstörungen, welche das Pendant bilden zu einer inadäquaten Verarbeitung von Informationen auf geistiger Ebene. Am Tag treten deshalb häufig Einschränkungen der Gedächtnisleistung und Konzentrationsmangel auf. Ein Spezialfall auf dieser Ebene bildet das sogenannte Restless-Leg-Syndrom.
Zu den Organen, welche auf dieser Ebene von einer Störung betroffen sind, gehören Milz, Leber und das Herz.
Die vierte Ebene (REM-Phase) umfasst die Tiefschlafphase und damit die sensibelste Phase des Schlafes. Diese Phase dient der Verarbeitung von Gedächtnisinhalten, welche von einer intensiven Aktivität des vegetativen Nervensystems begleitet wurden. Dazu zählen insbesondere traumatische Erfahrungen. Angst- und Alpträume sind deshalb bezeichnend für eine Störung auf dieser Ebene. In der REM-Phase können intensive, schnelle Augenbewegung beobachtet werden, welche vom vegetativen Nervensystem gesteuert werden und der Desensibilisierung und Re-Prozessierung von traumatischen Erinnerungen dienen.
Zu den Organen, welche auf dieser Ebene von einer Störung betroffen sind, gehören die Nieren, die Blase und das Herz.
Somit gibt nicht nur die konkrete Ausprägung der Schlafstörung, sondern auch Vor- und Begleiterkrankungen sowie die Lebensumstände wichtige Anhaltspunkte für eine ganzheitliche Diagnose. Eine sorgfältige Anamnese ist deshalb das A und O und dient als Basis für weitere körperliche Untersuchungen (inkl. Puls- und Zungendiagnose).
Schlafstörungen erfolgreich behandeln
Bei der Behandlung von Schlafstörungen gilt es zwei wichtige Grundsätze zu beachten. Erstens, und das ist für dich vielleicht irritierend: Wir brauchen Energie zum Schlafen. Viele Körperfunktionen, welche unsere Gesundheit erhalten (Entgiftung, Zellaufbau- und Reparaturprozesse), für mentale und körperliche Leistungsfähigkeit zuständig sind und unser emotionales Wohlbefinden erhöhen, laufen in der Nacht ab. Es ist deshalb wichtig, dem Aufbau von geschwächten Organen mindestens ebenso grosse Aufmerksamkeit zu schenken, wie der Beruhigung und Entspannung («Das erledige ich im Schlaf»).
Zweitens lohnt es sich, die Massnahmen, welche wir zur Verbesserung des Schlafes ergreifen in den Kontext einer ganzheitlichen Diagnose einzubetten und gut aufeinander abzustimmen. Eine kognitive Verhaltenstherapie in Kombination mit einer Umstellung der Ernährungsgewohnheiten kann für jemanden mit einer Störung der Milz absolut adäquat und zielführend sein, während jemanden mit einer Störung der Lungen möglicherweise überhaupt nicht auf die Therapie anspricht. Für letztere kann jedoch die gezielte Unterstützung der Lungen mit Akupunktur/chinesischen Arzneimitteln in Kombination mit einer Atemtherapie den Schlüssel für die Verbesserung des Schlafes darstellen. Bei einer Beteiligung der Leber ist unbedingt darauf zu achten, dass das Unterstützungsangebot Bewegung etwa in Form von Yoga oder Taiji miteinschliesst.
Foto von Abbie Bernet auf Unsplash
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